DI CHRISTIAN LOEW, THALES: Europas Verteidigung benötigt einen Strukturenwandel

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Die aktuelle geopolitische Lage, geprägt durch neue Bedrohungsszenarien und den zunehmenden Wettbewerbsdruck zwischen globalen Mächten, unterstreicht die Bedeutung technologischer Souveränität Europas. DI Christian Loew, Head of Sales and Business Development, Northern & Central Europe bei Thales Österreich, im Interview über die innovativen und marktführenden Technologien des französischen Unternehmens und warum es ihm ein Herzensanliegen ist diese als starker Partner – und in Kooperation mit österreichischen Mitstreitern – in den Dienst von Sicherheit und Verteidigung zu stellen.

CCFA: Herr Loew, vielen ist der Name Thales ein Begriff – doch die wahre Bandbreite des Unternehmens ist den wenigsten bewusst. Wo liegen die Stärken des Portfolios von Thales, insbesondere in Österreich?

Loew: Thales ist in Österreich als führender Anbieter von High-Tech-Lösungen für Verteidigung, Luftfahrt und kritische Infrastruktur positioniert. Besonders stark sind wir hierzulande in den Bereichen Taktische Kommunikation, Radar, Flugsicherung und Armament (Bewaffnung) der neuen Militärhubschrauber
AW169 M*.

CCFA: Welche Technologien stehen in der aktuellen Zeit bei Thales im Mittelpunkt?

Loew: Künstliche Intelligenz durchdringt disruptiv alle Technologiebereiche und wird zukünftig in allen Produktgruppen zur schnellen Verarbeitung herangezogen werden. Thales entwickelt KI-Lösungen, die wir speziell auf sicherheits- und verteidigungsrelevante Anforderungen zuschneiden. Unsere
eigens entwickelte KI ist darauf zugeschnitten, dem Menschen schnell und klar Optionen zu geben, die er sonst nie so schnell ausmachen und verarbeiten könnte. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Flugsicherung, wo die Thales-KI im möglichen Routing wertvolle Dienste leistet. Hier ist allerdings wichtig zu betonen dass die Entscheidung zu Handlungen nach wie vor und immer beim Menschen liegt.

Das Multi Mission RADAR GM200 MM/C von THALES bietet lückenlose 360 Überwachung und kann alle Objekte (sogar Artillerie) erkennen, verfolgen und klassifizieren. © Thales

CCFA: Welche Rolle spielt Europa für Ihre Projekte?

Loew: Europa ist ein zentraler Innovationsraum für uns. Wir engagieren uns aktiv im European Defence Fund (EDF), und Österreich ist hier mit mehr als zwanzig Projekten überproportional vertreten. Außerdem sind wir bei REARM Europe beteiligt, einem Netzwerk für gemeinsame Rüstungsprojekte. Diese Initiativen zeigen, wie wichtig grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist, um technologisch souveräne Lösungen zu entwickeln und zugleich nationale Interessen zu berücksichtigen.

CCFA: Stichwort Österreich – wie arbeiten Sie mit rot-weiß-roten Partnern zusammen?

Loew: Thales setzt stark auf Kooperationen, und als Österreicher ist es mir ein persönliches Herzensanliegen, eng mit lokalen Partnern zusammenzuarbeiten. So arbeiten wir beispielsweise eng mit Frequentis an Kommunikationssystemen zusammen, die auch im zivilen Luftverkehr eingesetzt werden, und mit Schiebel führen wir ein eigenes Projekt für die Navy durch. Kooperationen wie diese ermöglichen es uns, Wissen effizient zu teilen, innovative Lösungen schneller umzusetzen und gleichzeitig die lokale Expertise zu stärken.

CCFA: Wie beeinflusst die aktuelle geopolitische Lage Ihre Arbeit?

Loew: Die geopolitische Lage ist herausfordernd, aber auch richtungsweisend. Neue Bedrohungen und globaler Wettbewerbsdruck treffen hier aktuell auf eine in Europa über Jahrzehnte ausgehungerte Infrastruktur. Das zeigt, wie wichtig technologische Souveränität ist. Die laufenden militärischen Krisen sind ein massiver Treiber für Produktinnovationen und ein Förderer und Forderer von Agilität. Für uns bedeutet das, Schlüsseltechnologien als Technologieführer selbständig voranzutreiben, in operationelle Produkte zu gießen und aktiv an internationalen Projekten teilzunehmen.

 

Thales stärkt und gestaltet die Sicherheitsarchitektur Europas aktiv durch innovative Technologien. © Thales

 

CCFA: Wie sehen Sie die Zukunft der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik?

Loew: Europa steht vor großen Herausforderungen, aber auch Chancen. Wenn wir für die Zukunft gerüstet sein wollen, brauchen wir einen klaren Strukturwandel. Unsere Beschaffungsprozesse dauern heute oft Jahre, und viele Produkte sind noch auf einen Reifezyklus von drei Jahren ausgelegt – das ist viel zu lang. Europa muss deutlich schneller, agiler und flexibler werden. Kürzere Produktzyklen, effizientere Prozesse und eine stärkere Koordination zwischen
den Staaten sind entscheidend, damit Innovationen schneller in operative Lösungen umgesetzt werden können. Nur so können wir Europas strategische Handlungsfähigkeit sichern und die technologische Souveränität erhalten.

CCFA: Welche Rolle spielt Thales dabei und was motiviert Sie persönlich in Ihrer Arbeit?

Loew: Wir sind nicht nur Lieferant von Technologien, sondern aktiver Gestalter der Sicherheitsarchitektur Europas. Mit Innovation, internationalen Kooperationen und strategischem Weitblick tragen wir dazu bei, dass Europa technologisch souverän bleibt und auf aktuelle sowie zukünftige Bedrohungen reagieren kann. Besonders auf unser Wirken im Bereich der Taktischen Kommunikation bin ich hier stolz. Als konkretes Beispiel aus unserer Produktpalette kann ich hier “SquadNet” nennen. Dabei handelt es sich um das neueste Netzwerkfunkgerät für Soldaten von Thales – es bietet sichere, hochwertige Sprachkommunikation, Standortmeldung und Unterstützung beim Gefechtsfeldmanagement. Für mich ist entscheidend, dass ich mit meiner Arbeit einen
direkten Beitrag zur Sicherheit leiste – national und europäisch. Es geht mir darum, innovative Technologien zu entwickeln und anzuwenden, die wirklich einen Unterschied machen. Gleichzeitig ist es mir besonders wichtig, ein verlässlicher Partner für Institutionen zu sein und im stetigen Austausch mit Ihnen die bestmöglichen Lösungen zu erarbeiten.

 

* Ein leistungsstarker Militärhubschrauber des italienischen Rüstungskonzerns Leonardo welcher in Österreich speziell dank seiner Eignung für Einsätze im Gebirge geschätzt wird, Anm. d. Red.

 

DI Christian Loew, Thales Österreich © Theresa Pewal

Thales Österreich
Leopold-Ungar-Platz 2/1/2
1190 Wien
DI Christian Loew
Head of Sales and Business Development,
Northern & Central Europe Thales Österreich
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